3sat, 2007
VHS, S/W, 40 Minuten, deutsch
"Irland schickt seine Kinder nicht allzu früh am Morgen in die
Schule. Bei uns hat die zweite, die dritte Unterrichtsstunde schon
begonnen, bevor die irischen Schulkinder sich auf den Weg machen. ...
Sie alle stammen von Königen ab. Sie sind frei
wie Könige - solange sie Kinder sind."
Mit diesen Sätzen beginnt und endet der Film, den Heinrich
Böll 1960 in Irland drehte. Er zeigt viel vom Irland der 60er
Jahre - nicht nur die Kinder. Er erzählt von Kindern Irlands, die
auswanderten, seien es Shaw oder Yeats, seinen es Soldaten in
Deutschland oder die vielen, die während der Hungersnot nach
Amerika flohen. Er erzählt von einem Leben ohne Fernsehen, in dem
Kino und Fahrende Bühnen die Unterhaltung bringen. Er beschreibt
die Frömmigkeit, die sich in Prozessionen, in Klosterbauten und
heiligen Quellen findet, gibt Einblicke in das Leben als Fischer und
Bauer, streift Vergnügen wie Tanzabende und Pferde- oder
Hunderennen. Viele Nahaufnahmen zeigen typisch irische Gesichter, so
wie man sie heute auch noch finden mag. Vieles wird man heute aber
nicht mehr finden, weder die Dreckschleudern der ersten
Düsenflugzeuge noch die leeren Straßen, weder die fahrenden
Geschäfte noch die Kreditbücher in den Kaufläden.
Wenn der Film auch von Thema zu Thema springt und viele Facetten
Irlands beleuchtet, wird er nie hektisch. Ruhige Bildführung und
ein wohltuend durchdachter Kommentar regen an, den Film mehrfach zu
sehen und sich zu überlegen, welche Kirche dort gerade zu sehen
ist und was aus den Kindern geworden sein mag, die nicht allzu
früh am Morgen in die Schule gehen.
Aufgezeichnet im September 2007 von Fionn